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Donnerstag, 17. Mai 2007, 21:10

"Die überflüssigste Behörde der Welt"

Betrüger am Kapitalmarkt jagen, beim Insiderhandel ermitteln, Manipulationen aufdecken - Mit diesen Aufgaben trat 2002 die Finanzaufsicht Bafin an. Fünf Jahre später ist die Bilanz der Behörde äußerst bescheiden.

Vor ziemlich genau fünf Jahren hatte der damalige Finanzminister Hans Eichel eine Vision: Als er Anfang Mai 2002 die deutsche Finanzaufsicht in einer Behörde zusammenfasste, hoffte er auf eine schlagkräftige Truppe.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) sollte Betrügern am Kapitalmarkt das Leben schwermachen, Insider jagen, Kursmanipulationen aufdecken und darauf aufpassen, dass Versicherungen und Banken mit dem Geld ihrer Kunden solide wirtschaften.

Fünf Jahre nach der Gründung ist von dieser Vision nur wenig übriggeblieben. Die deutsche Finanzaufsicht kann nicht zubeißen, sie ist ein zahnloser Wachtmeister der Börse.

Skandale verschlafen

Die Behörde verschläft große Finanzskandale, sie arbeitet ineffektiv und ist in vielen Fällen machtlos. Der Würzburger Betriebswirtschaftsprofessor Ekkehard Wenger, bekannt durch sein Auftreten als Konzernkritiker bei Hauptversammlungen deutscher Unternehmen, bezeichnete die Bafin einmal als überflüssigste Behörde der Welt.

"Jede Polizeidienststelle, die solch einen Aufwand betreibt und dabei so eine miese Erfolgsquote hat, würde man schließen", sagt Wenger. Der Professor hat leider recht.

Als Anfang März ein Aktienhändler bei der Finanzaufsicht anrief, um die Börsenaufseher auf Kursmanipulationen einiger Händler der Landesbank WestLB mit VW-Aktien aufmerksam zu machen, geschah erst einmal wochenlang gar nichts.

Bei WestLB-Fall passierte zunächst nichts

Erst etwa einen Monat später bemerkte die Bafin, dass es hier wohl um eine der größten Affären im deutschen Finanzwesen seit vielen Jahren geht. Der WestLB-Fall ist nicht die einzige Panne der Behörde, die aus den Einzelaufsichten für das Versicherungswesen, den Wertpapierhandel und das Kreditwesen gebildet wurde: Obwohl es viele Indizien für dubiose Machenschaften gab, blieb zum Beispiel der Betrug der Anlagefirma Phoenix Kapitaldienst jahrelang unbemerkt. 30.000 Anleger hoffen nun darauf, dass sie wenigstens einen Teil ihrer Ersparnisse zurückbekommen.

Die 1.500 Beamten der Bafin können zwar täglich Millionen Daten sammeln, sie prüfen Tausende Dokumente auf Vollständigkeit, sie untersuchen jahrelang Insiderfälle. Aber die Bafin hat offenbar kein System, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden. Und einen Jagdinstinkt haben die Finanzaufseher bisher nur bei Banken und Versicherungen entwickelt, die sie penibel prüfen.

Sicher, es ist äußerst schwer, Insidergeschäfte und Kursmanipulationen juristisch hieb- und stichfest aufzuarbeiten. Oft fehlen schriftliche Beweise. Auch bei den jüngsten Aktien-Spekulationen im Zusammenhang mit dem angeblichen Übernahmeplan des Energiekonzerns EDF für seinen Konkurrenten RWE wird die Bafin sich schwertun, den Urheber von Gerüchten ausfindig zu machen.

Keine Finanzaufsicht der Welt kann Mauscheleien an der Börse von vorneherein verhindern. Die wird es immer geben, genauso wie es Diebstahl oder Mord immer geben wird - mit einem großen Unterschied: In Deutschland haben Diebe und Mörder Angst, ins Gefängnis zu kommen, Insider und Kursmanipulateure dagegen nicht.

Schon der in dieser Woche vorgelegte Jahresbericht der Behörde zeigt, dass die Abschreckung nicht funktioniert. 2006 ergingen gerade einmal drei Strafbefehle wegen Marktmanipulationen. Und nur fünfmal wurde deshalb ein Bußgeld verhängt.

Keine Befugnisse

Die meisten Ermittlungen laufen ins Leere. Die Wahrscheinlichkeit, dass Schalke 04 doch noch irgendwann deutscher Fußballmeister wird, ist vermutlich größer als das Risiko, in Deutschland wegen Insiderhandels bestraft zu werden.

Das liegt an der Bafin, die im Gegensatz zur amerikanischen Finanzaufsicht SEC weitreichende Befugnisse bei ihrer Ermittlungsarbeit gar nicht hat. Das liegt aber auch an den Staatsanwälten, ihnen fehlen die Mittel, die Zeit, die Kompetenz und das Interesse, Börsendelikte weiterzuverfolgen.

Dass es anders geht, beweist die gefürchtetste Finanz- und Börsenaufsichtsbehörde der Welt. DieSECverfolgt Betrügereien am Kapitalmarkt mit großem Erfolg. Hier zahlen Beschuldigte hohe Geldstrafen oder wandern hinter Gitter. Einen so starken Wachtmeister am Kapitalmarkt braucht auch Deutschland.

(Quelle: sueddeutsche.de)
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