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Benedikt

unregistriert

1

Freitag, 31. Oktober 2003, 23:00

Risikomanangement

Liebe Investoxler,

hat man erst einmal ein einigermassen brauchbares HS entwickelt, so stellt sich die Frage, ob man ueberhaupt genuegend Tradingkapital zur Verfuegung hat, um dieses zu traden. Es ist sicher klasse mit einem HS 20.000,-- € Profit zu machen, nicht aber dann, wenn man dafuer 20.000,-- € riskieren muss.

Was ist fuer ein ordentliches Risikomanagement zu beachten und welche Massstaebe sind hierfuer massgeblich? Ist z. B. die 2 % Regel sinnvoll und worauf bezieht diese sich (auf das Verlustrisiko des Einzeltrades, auf die groesste Verlustserie, das max. theor. oder max. prakt. Kapitalrisiko? Spielt das Systemverhaeltnis Profit/Kapitalrisiko eine Rolle? Wie ist das max. theor. bzw. das max. prakt. Kapitalrisiko hierbei zu bewerten?

Die Frage ist also nicht, wieviele Futureskontrakte getradet werden sollen, sondern ob man sich ueberhaupt einen (1) leisten kann. Schliesslich sollte jeder Trader eher an dem Kapitalerhalt als an der Geldvermehrung interessiert sein.

Ziel meiner Ueberlegung ist es, genau bestimmte Kriterien fuer ein vertretbares Kapitalrisiko zu finden.

Viele Gruesse

Benedikt

Thomas

unregistriert

2

Samstag, 1. November 2003, 16:22

Hallo Benedikt,

grundsätzlich lässt sich sagen, dass das Risiko eines Totalverlustes sinkt umso kleiner der prozentuale Kapitaleinsatz (gemessen am Gesamtkapital) pro Trade ist. Dieser Schluss ergibt sich allein aus der Verteilungsfunktion der Returns, die bei einer kleinen Anzahl von Trades zufallsbedingt schief sein kann und erst mit einer größeren Anzahl von Trades ihren typischen Verlauf findet. Die Anzahl der Trades und der dazugehörige Kapitaleinsatz pro Trade sind jedoch nur zwei Parameter von vielen. Im Grunde lässt sich das Risiko darüber nur reduzieren, wenn die einzelnen Trades zusätzlich unabhängig von einander sind.

Daraus ergeben sich leider mehrere Probleme:

1) steigen bei kleinen Kapitaleinsätzen meist auch die Transaktionskosten
2) die Märkte sind im gleichen Zeitfenster niemals völlig unabhängig voneinander, daher führen parallel laufende Trades zu einem Anstieg des Gesamtrisikos, welches im voraus schwer zu bestimmen sein dürfte. Dieser Effekt hebelt jedoch jede pauschale Regelung, die ausschließlich auf einzelne Trades abgestellt ist aus.
3) die Reduktion des Risikos führt zwar zu einer stetigen Performance, die absolute Höhe dürfte jedoch meist nicht der Erwartungshaltung des Traders entsprechen.
4) die Returns eines Handelssystems sind nur in der Vergangenheit bekannt und können daher für die Zukunft nur eingeschränkt zur Bestimmung des Risikos herangezogen werden.


von 1) sind insbesondere die kleinen Trader betroffen. Man muss sich zusätzlich vor Augen halten, dass die Transaktionskosten die einzige im voraus bekannte Größe innerhalb der Gleichung sind. Eine Erhöhung oder Reduktion dieses Faktors wirkt sich daher direkt auf die Performance aus. Die Slippage ist zwar in ihrer Höhe nicht bekannt, tritt jedoch ebenfalls mit Sicherheit auf. Insofern halte ich ein Risikomanagement welches auf die Erhöhung der Anzahl von Trades, über kleinere Timeframes bei gleichzeitiger Verwendung von engen Verluststops, abstellt für problematisch. Die Performancebelastung durch Gebühren und Slippage dürfte enorm sein und setzt ein sehr gutes System vorraus um überhaupt profitabel sein zu können.

Im Terminmarktwelt Forum habe ich folgende Daten für einen durschnittlichen Account bei Tradestation Securities gefunden:

Futures:
Annualized average revenue per account .. $3,430
Annualized trades per account .. 595
Average assets per account .. $19,500


Der average revenue per account dürfte die angefallenen Gebühren wiederspiegeln (möglicherweise sind hier noch monatliche Fixkosten enthalten). Dies wären 5,76 pro Trade, eigentlich nicht sehr hoch. Betrachtet man jedoch die Gebühren im Verhältnis zur Kontogrösse kommt man auf ca. 17%, die erst einmal erwirtschaftet werden müssen. Die Slippage dürfte deutlich höher sein und ist mit einem viertel Punkt beim E-mini sicherlich nicht zu gering angesetzt. Dies wären weitere 38% bezogen auf die Kontogrösse. In Summe würde man also bereits 55% der Performance über die Transaktionskosten einbüssen. Dazu kämen noch die Kosten für PC, Internetanschluss, Realtimeabo und Software. Alles zusammen genommen muss man sich schon ein recht großes Stück vom Kuchen herausschneiden um bei diesem Tradingstyle überhaupt die Kosten zu decken. Dies in einem äußerst fairen Markt, bei dem die Kontogröße zudem noch einen geringen Einfluss auf die Transaktionskosten hat. Jeder kann sich mal selbst ausrechnen wie es aussehen würde, wenn man die gleiche Anzahl Trades in Zertifikaten mit den dort anfallenden Kosten und Spreads durchführen würde.

Fazit: Jedes Handelssystem muss bezogen auf die anfallenden Kosten einen gewissen durchschnittlichen Mindestreturn aufweisen um überhaupt profitabel sein zu können. Größere Timeframes entsprechen diesem Profil stärker, als kleine. Dies steht im Wiederspruch zu einer Erhöhung der Anzahl der Trades, die bei gegebenenem Kapitaleinsatz eigentlich nur über kürzere Timeframes oder das parallele Trading mit größerem Hebel in unterschiedlichen Märkten möglich ist. Werden mehr Trades über die Anwendung von größeren Hebeln generiert steigt das Risiko an. Werden kleinere Timeframes mit niederigeren Returns pro Trade generiert verschlechtert sich das Cost to Return Ratio - da die Kosten bekannt, der Return jedoch ungewiss ist, auch nicht ideal.

Die von dir genannte 2% Regel bezieht sich auf das Gesamtrisiko des Tradingkapitals. Tradest du mit einem Hebel von 2 so dürfte der Trade maximal 1% ins Minus laufen, bei einem Hebel von 4 nur noch 0,5%. Verwendest du einen Hebel von 0,5 dürfte ein Verlust von 4% pro Trade entstehen. Mit solchen Handelsregeln lassen sich bei kleiner Kontogröße ausschließlich kleine Timeframes traden, da du bei höherer Komprimierung ständig abgefischt würdest. Es stellt sich daher die Frage ob man tatsächlich so traden sollte? Das geht nur, wenn man über ein extrem gutes Handelssystem verfügt.

Was mich persönlich an der 2% Regel stört ist, dass überhaupt kein Bezug zur Kontogrösse und zu den Kosten genommen wird. Wenn diese Handelsregel bei Großinvestoren und Hedgefonds in strukturierten Portfolios optimal ist, muss sie das noch lange nicht bei kleineren Konten in anderen Timeframes sein.

Meines Erachtens sollte man gerade am Anfang keine zu großen Hebel traden. Am besten man tut es nie oder nur sehr diskretionär mit begrenztem Risiko (z.B. long in Optionen).

Die Frage beim Risikomanagement ist auch, welche Risiken für dich noch vertretbar sind. Ist es ein Totalverlust des Kapitals oder ein prozentualer Rückgang in bestimmter Höhe? Selbst bei einem Langfristinvestment in Aktien in einem Bullenmarkt hast du immer wieder Rückschläge zu verkraften, die über die durschnittliche jährliche Performance hinausgehen. Diese Anlageform wird jedoch als konservativ eingestuft.

Tradest du einen Eurostoxx50 Future mit 20.000 Euro Startkapital so dürftest du eigentlich noch rechtzeitig feststellen, wenn der Ansatz nichts taugt. Beim FDax wäre es wahrscheinlich zu spät. Wieviel Hebel man verwendet ist sicherlich von der Qualität des Handelssystems abhängig. Darüber hinaus spielt das eigene Risikoprofil verbunden mit den eigenen Reaktionen auf Gewinne und Verluste auch eine große Rolle. Ideal ist es, wenn die im kurzfristigen Bereich entstehenden Gewinne und Verluste keinerlei Einfluss auf das eigene Handeln ausüben.

Was die Verluststopps angeht, so dürften sie zwar zu einer stetigeren Kapitalentwicklung führen, jedoch auf Kosten der Performance. Damit sie nicht zu einer dummen Ausstiegsregel werden, dürfen sie zudem nicht zu eng gewählt werden.

Benedikt

unregistriert

3

Mittwoch, 5. November 2003, 06:44

Hallo Thomas,

Deinem Beitrag entnehme ich, dass beim Risikomanagement so viele individuelle Dinge zu betrachten sind, dass es nicht möglich ist, eine allgemeine Formel dafür zu finden, wann ein HS unter Risikoaspekten getradet werden soll und wann nicht. Dies muss wohl jeder Trader für sich selbst entscheiden. Jetzt ist mir auch klar, warum ich in der Literatur nur so wenig konkrete Hinweise dazu finden kann.

Vielen Dank für Deinen ausführlichen Beitrag.

Grüße
Benedikt

Frieder

unregistriert

4

Mittwoch, 5. November 2003, 19:34

Hallo Benedikt,
eine ausführliche Betrachtung zu Deiner Fragestellung findest Du auch bei
Van K. Tharp:"Clever traden mit System", Finanzbuchverlag, S. 321 ff.
Diese Seiten waren für mich die wichtigste Lektüre zum Verständniss des Risiko - und Moneymanagements.
Gruß
Frieder