Hallo zusammen,
jetzt mische ich mich auch mal in die Diskussion ein.
Es ist natürlich besonders schön, wenn beide "Parteien" ihren Standpunkt mit Argumenten der gleichen Person begründen. Jetzt könnte man sagen, na ja, Adrians Buch ist älter als das von Josi, Herr Uhlig hat halt seine Meinung geändert.
Vielleicht sollten wir einfach mal die beiden Aussagen beleuchten:
Die erste war: Es gibt NNs, die die Börse über 1/2 Jahr oder länger prognostierziert haben (wie auch immer). OK, das kann man glauben oder nicht, das Papier der Veröffentlichungen ist sehr geduldig.
Tatsache ist, dass unsere gesamte Haushalts- und Steuerpolitik auf solchen Prognosen beruht, nicht von Börsenkursen, sondern von der Konjunktur. Diese Schätzungen werden gemacht. Ob man sie jetzt gut oder schlecht findet, das muss jeder selbst entscheiden (sprich, ob die Fehler gross sind).
Jetzt die zweite Aussage:
verlässliche Langzeitprognosen sind unmöglich. Jetzt ist hier die Frage, was ist eine Langzeitprognose und was heisst verlässlich (sprich welcher Fehler wird akzeptiert).
Dazu sollten wir uns vielleicht mal anschauen, wie Herr Uhlig zu solchen Aussagen kommt. Als Argument nimmt er Tests wie eben die bedingte Entropie, Mutual Information usw., welche die Information messen (sollen), die in einer Kursreihe über eine andere enthalten ist. Dies kann man natürlich auch mit der Kursreihe selbst machen (also eine Art Autokorrelation). Macht man dies z.B. bei den wöchentlichen Daten des SP500, dann kommt dabei raus, das nach 12 Wochen praktisch keinerlei Information mehr über den zukünfigen Kurse des SP500 steckt. Soweit so gut.
Die Sache hat nur 2 Haken:
Mache ich dies mit Tages oder Stundendaten, dann kommt raus, dass schon nach 10 Tagen keine Information mehr darin steckt und bei den Minutendaten genauso. Man muss also die Komprimierung beachten. Hier hatte ich dazu schonmal ein Bild reingestellt:
http://investoxforum.de/thread.php?threadid=129&sid=
2. Weiss man heute, dass in einer Kursreihe sehr viel mehr Information "gespeichert" ist, also die Entropie misst. Der Beweis dazu, fast alle (nicht verlustbehafteten) Komprimierungsverfahren, die heute benutzt werden, komprimieren verlustfrei sehr viel stärker, als dies nach der Entropie erlaubt wäre. D.h. die Entropie an sich ist kein Beweis.
Und noch ein weiteres Beispiel aus dem realen Leben.
Unser Wetterbericht: das klassische nichtlineare chaotische System. Jeder weiss, 3 Tage Wetter vorhersagen klappt ganz gut, danach gibt es nur eine Tendenz. ABER: genauso gibt es auch Wettermodelle, die über Jahrtausende hin prognostizieren und auch gut funktionieren: Nur, die prognostiezieren halt nicht die Temperatur in Freiburg, sondern halt der gesamten Atmosphäre und nicht an einem Tag, sondern halt in einer 10 Jahres "Komprimierung".
Es kommt also immer auf die Betrachtungweise (und den Anspruch) an. Und somit hat jeder von euch beiden recht...
Grüsse
Bernhard
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »hungerturm« (7. Februar 2003, 14:18)