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smartincome

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1

Samstag, 23. Oktober 2010, 19:34

Garantierte Verluste durch MFTrading?

Zumindest im Kurzzeittrading wird man sich auf garantierte Verluste einstellen müssen. Auf der anderen Seite sind dies natürlich garantierte Gewinne (solange kein schwarzer Schwan auftaucht!).
In den Staaten ist man wie üblich weiter wie hierzulande, wird also schon öffentlich diskutiert:
Internalisierung" des Handels als wichtigste Voraussetzung der Finanzmarktkrise
Der Chef von Interactive Brokers ortet grundsätzliche Probleme im
Herzen des Kapitalismus. Der Sinn der Finanzmärkte, Kapital der
produktivsten Nutzung zuzuführen, sei der Gier der Broker geopfert
worden
Das allein wäre kaum berichtenswert, käme Peterffy etwa von ATTAC und
wäre nicht als Haupteigentümer und CEO des von ihm 1977 gegründeten
elektronischen Discountbrokers
einer der wichtigsten Akteure an den internationalen Finanzmärkten
Heute ist z.B. Timber Hill, ein weiteres seiner Unternehmen, der nach
Umsatz wichtigste Market Maker für Optionen an der paneuropäischen
Börse Euronext. Es sei, als ob Steve Jobs vor den negativen Folgen der
iPod-Nutzung warnen würde, meinte das renommierte Wall Street
Wochenblatt "Barron's", und macht den Artikel ausnahmsweise sogar frei verfügbar.
Tatsächlich erscheint es für ein theoretisch auf Marktpreisen
basierendes Wirtschaftssystem hoch problematisch, wenn in dessen
Zentrum ein Markt, der unter Ökonomen oft als Musterbeispiel für den
"perfekten" Markt genannt wird, nicht "Angebot" und "Nachfrage" als
Preisbestimmungskriterium fungieren, sondern die Profitinteressen der
Zwischenhändler. Immerhin ist inzwischen auch unter neoliberalen
Ökonomen akzeptiert, dass die Manipulation des Preises für Geld, also
des Leitzinses, ökonomische Probleme verursachen kann. Werden nun aber
auch die Preise für Kapital auf Basis von Partikularinteressen
manipuliert, würden auch diese als Allokationskriterium für potentiell
produktive Investitionen unbrauchbar. Sind aber diese beiden
wichtigsten Grundfesten des marktwirtschaftlichen Systems einmal
erschüttert, stellt dies offenbar die Logik des Gesamtsystems in Frage.
Peterffy ist freilich keinesfalls an einer Abkehr vom Kapitalismus,
sondern an dessen Rettung gelegen, nur plaudert mit ihm einer der
maßgeblichen Pioniere des elektronischen Börsenhandels aus der Schule,
der es damit immerhin zu einem Milliardenvermögen gebracht hat.
Auch er selbst habe dabei "anfangs nur die guten Seiten des
elektronischem Handels gesehen". Denn besonders die elektronische
Dokumentation hätte "die Händler ja auch dazu zwingen können, ehrlicher
zu sein und die Prozesse effizienter und mit niedrigeren
Transaktionskosten und mehr Liquidität ablaufen zu lassen". Was er
übersehen habe, waren die "Kräfte der Fragmentation" und die
Gelegenheiten, die sich bieten, die Regeln nur formal zu beachten.
Indem er betont, es sei "lebenswichtig, dass Ordnung und faire
Geschäfte an die Märkte zurückkehren", stimmt er offenbar nicht nur
denen zu, die meinen, die Finanzmärkte hätten mit Fairness ohnehin nie
viel zu tun gehabt, sondern hier gibt ein Top-Insider zu, dem wohl
niemand eine feindselige Haltung gegenüber den Finanzmärkten
unterstellen wird, dass die Kunden der Finanzmärkte systematisch
ausgenommen werden.
Und wenn sein eigenes Kerngeschäft auch von den kritisierten
Entwicklungen gefährdet wird, er also durchaus persönliche Interessen
vertritt, schließt sich das hochangesehene Magazin Barron's der Kritik
vollinhaltlich an und erklärt seinen Text zur Pflichtlektüre für
Gesetzgeber und Regulatoren.
Die Wurzel des Problems sei laut Peterffy, dass der Handel seit 20
Jahren generell "internalisiert" werde, d.h. weg von den regulierten
Börsen und hin zu internen, unregulierten Marktplätzen wandert, die oft
von den mächtigsten Banken kontrolliert werden. Der simple Grund dafür
sei, dass die Broker zwar an ihren Kunden mehr verdienen wollen als die
bekannten Kommissionen, die Kunden das aber nicht erfahren sollen. So
laufe der echte, preisbestimmende Handel nur noch unter einigen wenigen
hochprofessionellen Tradern ab, die Investoren würden die von ihnen
nachgefragten Produkte hingegen nur noch zu Preisen erhalten, die den
Brokern zwar die erwünschten Gewinne ermöglichen, aber nicht auf dem
tatsächlichen Verhältnis von Angebot und Nachfrage basieren.
Warum die Kunden das akzeptierten, liege einerseits an den
Millionengagen der Verkäufer und den Golfpartys, den kubanischen
Zigarren und den sonstigen Zuwendungen an die Käufer, "von denen man in
feiner Gesellschaft nicht sprechen sollte". Mehr noch aber daran, dass
die Investoren in der Regel nicht mit eigenen Geldern handeln, sondern
für Großunternehmen, Regierungen, Versicherungen oder Pensionsfonds
tätig sind.
Am besten zu sehen sei das bei den OTC ("Over the
Counter" – über den Ladentisch) -Derivaten, bei denen die Banken
einfach die Gegenposition zu den Kundenaufträgen einnehmen, und zwar zu
Preisen, die den Banken Gewinne ermöglichen, die sie nicht den
betroffenen Kunden direkt zuordnen müssen. Man könne praktisch die
gesamten Gewinne der Banken aus Derivativgeschäften auf diese Praxis
zurückführen, wobei selbst die bescheidensten Schätzungen jährlich 100
Milliarden Dollar locker übersteigen.
Broker umgehen die Börsen
Nicht ganz so offensichtlich sei die Abzocke im Aktienhandel, der aber ebenfalls bereits mehrheitlich außerbörslich ablaufe.
In Europa haben Investoren eine lange Tradition über eine
Bank zu investieren. Kleine Banken kooperieren mit großen Banken und
die sitzen wiederum in den Aufsichtsräten der Börsen. Dort werden
Regeln beschlossen die es den Brokern erlauben, die Trades nicht an der
Börse sondern anderswo durchzuführen und sie an die Börse lediglich
zwecks Clearing zu melden. Wenn sich der Preis irgendwo zwischen dem
niedrigsten Kauf- und dem höchsten Verkaufsangebot bewegt, ist das für
die Börse OK; manche Börsen akzeptieren es sogar, wenn sich der Preis
innerhalb von plus minus zehn Prozent dieser Spanne bewegt. Die
traditionelle Rolle der Börse, Angebot und Nachfrage zusammenzubringen
und den Marktpreis zu finden, wird von den Brokern dabei nicht genutzt,
sondern nur das Clearing.
Während die Broker aber trotzdem dasselbe zahlen und
die Börsen vorerst nicht weniger einnehmen als zuvor, werden sie sich
dadurch selbst eliminieren. So lasse derzeit laut öffentlichen Angaben
gegenüber der Börsenaufsicht SEC kein einziger US-Discountbroker (außer
sein eigener) mehr als fünf Prozent ihrer Aktienorders über offizielle
Börsen laufen, was offenbar niemanden störe. Die Broker umgehen dabei
die Börsengebühren und erhalten von den "Internalisierern" Gebühren für
den Orderflow, die Broker wiederum behaupten, ohnehin zum "besten
Preis" zu liefern, was natürlich nicht stimme.
Heute stehen ihnen aber alle möglichen Arten von Hochfrequenz-Tradern
gegenüber: Einige stellen Liquidität, andere sammeln "slow quotes"
(wenn ein Market Maker bei einer Kursänderung seine Quotierungen zu
langsam anpasst, was ein Hochfrequenz-Trader ausnutzen kann – das
dürfte Peterffys Timber Hill bereits dreistellige Millionenbeträge
gekostet haben), tricksen mit "Quote Stuffing" (eine Unzahl an Orders
wird an die Börse geschickt und fast augenblicklich wieder gelöscht)
oder manipulativem Algotrading (automatisierter Handel nach bestimmten
Algorithmen), etwa indem sie den Markt plötzlich leerfegen, dann alle
Angebote streichen und dann, wenn alle Maschinen in Deckung gehen, mit
Profit zurückverkaufen."
"Der langfristige Trend zu immer
mehr Handelsvolumen und immer niedrigeren Transaktionskosten hat sich
umgekehrt".
Die Börsen, die Regulatoren und die Öffentlichkeit müssten also zuerst
einmal dafür sorgen, dass der Handel wieder an die regulierten und
transparenten Börsen zurückkehrt, während aber auch die Börsen selbst
nicht zu sehr fragmentiert, aber auch nicht zu sehr konzentriert werden
dürfen, was auch für die Clearing-Häuser gelte.
Wenn man künftig aber weiterhin die Markt-Liquidität durch Market Maker
gesichert haben will, dürfe man diese nicht den Hochfrequenz-Tradern
ausliefern, sondern müsse die Reglements an die Realität der
elektronischen Märkte anpassen. Diese hätten nämlich einen
strukturellen Vorsprung, da die Market Maker insbesondere bei Optionen
oft tausende Quotierungen augenblicklich anpassen müssen, während der
Trader nur nach der einen, zu langsamen Quotierung sucht, die den
Gewinn bringt.
Hier wünscht sich Peterffy einen bevorzugten Zugang für dezidierte
Market Maker, indem einfach alle Trades für eine Zehntelsekunde
zurückgehalten werden, nur eben nicht jene der Market Maker. Diese
sollten im Gegenzug dafür zwar strengeren Regeln unterworfen werden,
hätten dafür aber genug Zeit, ihre Quotierungen mit den aktuellen
Marktpreisen mit zu ziehen, wodurch das ökonomisch sinnlose
Hauptgeschäft vieler Hochfrequenz-Trader obsolet werde.

Quelle: Heise Online.